Zehn Jahre Fairtrade-Stadt: „Mit dem, was Sie hier machen, stehen Sie sehr gut da“
Der faire Handel wächst, aber das Engagement von Organisationen wie „Fairtrade“ ist nach wie vor nötig. Dieses Fazit zog Fairtrade-Referentin Birgit Mayer beim Jubiläumsabend der Fairtrade-Stadt Tuttlingen am Mittwoch in der Stadtkirche.
Jubiläum in der Stadtkirche: Die Mitglieder des Fairtrade-Steuerungskreises zusammen mit OB Michael Beck und Birgit Mayer von Fairtrade Deutschland (3. von links).
Auf den ersten Blick ist es eine Erfolgsgeschichte: 90 Prozent der Verbraucher kennen das Fairtrade-Siegel. In 131 Ländern der Welt werden Fairtrade-Produkte verkauft. Und alleine in Deutschland beträgt der Umsatz von Fairtrade-Produkten mittlerweile rund 2,6 Milliarden Euro.
„Das ist ein spürbarer Wirtschaftsfaktor“, sagt Birgit Mayer. Und spürbar wird dies vor allem für die Erzeuger*innen in Afrika, Asien oder Lateinamerika: Sie können sich auf feste Abnahmepreise verlassen, obendrein garantiert das Fairtrade-Siegel langfristige Handelsbeziehungen, setzt strengere Umweltkriterien fest, kümmert sich um den Schutz von Kinderrechten und finanziert Sozial- und Bildungsprojekte.
Mayer ist Referentin beim Verein „Fairtrade“. Der Verein selber tritt weder als Händler oder Produzent auf, vielmehr kümmert er sich um die Zertifizierung fair gehandelter Waren, sorgt mit einheitlichen Siegeln für mehr Übersichtlichkeit und betreibt auch Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit für den fairen Handel – unter anderem auch durch das Projekt der Fair-trade-Städte. Tuttlingen wurde 2014 als 303. Stadt in Deutschland zertifiziert. Mittlerweile sind es bundesweit über 800 Städte. „Und mit dem, was Sie in Tuttlingen alles machen, stehen Sie sehr gut da“, so Mayer an die Adresse des Tuttlinger Steuerungskreises.
Bei Mayers Vortrag zum Jubiläum wurde aber auch deutlich, dass trotz aller Erfolge der Weg zu einem faireren Welthandel noch weit ist. So sind zwar mittlerweile 17 Prozent der in Deutschland verkauften Bananen fair gehandelt, bei Kaffee hingegen sind es nur fünf Prozent. Und alles in allem gibt der durchschnittliche Deutsche gerade mal 30 Euro pro Jahr für fair gehandelte Produkte aus.
„Bei den meisten Verbrauchern klaffen Anspruch und Wirklichkeit leider weit auseinander“, stellte auch OB Michael Beck in seiner Begrüßung fest. Umso wichtiger sei es ihm daher, dass die Stadt Tuttlingen als Fairtrade-Stadt diesen Gedanken sowohl ideell aber auch ganz konkret unterstütze. Bei vielen Produkten – zum Beispiel dem Kaffee in Ratssitzungen – ginge das auch problemlos. Doch wenn die Stadt weiter gehen wolle – zum Beispiel bei generellen Fragen der Beschaffung – werde es schon schwieriger: Zur Bürokratie käme ein erheblicher Aufwand, um die Mitarbeiter zu schulen und zu sensibilisieren. „Aber wir bleiben dran.“
Dies unterstrich auch Pfarrerin Philine Blum. Von Beginn an unterstützt die evangelische Kirche aktiv das Projekt Fairtrade-Stadt – „für uns ist das ein wichtiges soziales Projekt, das das Miteinander stärkt“, stellte sie fest. Im Foyer der Kirche fand dann auch der Empfang zum Jubiläum statt – bei fair gehandelten Snacks und Sekt mit Apfel-Mango-Saft.