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Die neue Ausstellung „Bewegte Zeiten. Die 1970er und 1980er Jahre in Tuttlingen“ eröffnet im Fruchtkasten


Die Ausstellung „Bewegte Zeiten. Die 1970er und 1980er Jahre in Tuttlingen“ wird ab Sonntag, 1. August, im Fruchtkasten gezeigt. Anstelle einer Ausstellungseröffnung erfolgt die Einführung in die Ausstellung über ein Video im Internet, das ab Sonntag unter der Adresse www.museen-tuttlingen.de abgerufen werden kann.

Die Ausstellung beschäftigt sich mit zwei Jahrzenten, die gravierende Veränderungen mit sich brachten. Viele neue Erkenntnisse zum Umweltschutz, zur Atomkraft oder zur Gendergerechtigkeit wurden in diesen beiden Jahrzehnten gewonnen und wirken bis heute nach.

Demonstration der Friedenbewegung am 6. August 1983 vor dem Rathaus (Erinnerung an Atombombenabwurf in Hiro-shima) Original: Gränzbote

Demonstration der Friedenbewegung am 6. August 1983 vor dem Rathaus (Erinnerung an Atombombenabwurf in Hiroshima) Original: Gränzbote

In Tuttlingen endete das 6. Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts mit der Abtretung des Hohentwiels an Singen, was für den württembergischen Tuttlinger einen großen Verlust bedeutete. Aber noch schlimmer kam es mit der Kreisreform 1973, als die altwürttembergische Stadt Tuttlingen dem badischen Regierungsbezirk Freiburg zugeschlagen wurde. Eine kleine Entschädigung war die Vergrößerung des Stadtgebiets durch die Eingemeindung von Esslingen 1972 sowie Möhringen und Nendingen 1973.

Zudem kriselte die Wirtschaft zu dieser Zeit. Die Tuttlinger Schuhindustrie war nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber Produkten aus dem Ausland. Die eine oder andere Schuhfabrik hörte auf oder musste Insolvenz anmelden, was die Arbeitslosenzahl erst mal in die Höhe trieb. Hinzu kam 1973 die Ölkrise, die endgültig vor Augen führte, dass der Nachkriegsboom vorbei war und der Rohstoff Öl endlich ist.

Auf verschiedenen Ebenen regte sich Widerstand: Viele forderten eine Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, andere wollten für eine Sicherung des Friedens einstehen. Ausgehend von der evangelischen Jugend formierte sich in Tuttlingen eine große Gruppe „Ohne Rüstung leben“, die sich für den Frieden, gegen Aufrüstung und gegen die Stationierung von Atomraketen einsetzte. Aus dieser Gruppe formierte sich der Verein zur Förderung der evangelischen Jugend- und Gemeindearbeit, der zunächst im Engelkeller und dann im Rittergarten seinen Sitz hatte und diesen auch betrieb. Die Gaststätte wurde zum Dreh- und Angelpunkt vieler Gruppierungen mit alternativen Ansätzen in Tuttlingen. Frauengruppen trafen sich ebenso dort wie die neu gegründeten „die Grünen“, oder „die Frauenpartei“, die in Gudrun Kopschewa eine engagierte Vertreterin fand.

Foto vom NPD-Parteitag in Tuttlingen. Original: Gränzbote

Foto vom NPD-Parteitag in Tuttlingen. Original: Gränzbote

Es erschienen zwar neue Parteien auf dem politischen Parkett, aber es gab auch noch die Altvorderen, die in dem Rechtsanwalt Martin Mussgnug einen einflussreichen Vertreter fanden. Er ließ sich 1963 in Tuttlingen nieder, war damals schon NPD-Mitglied, reüssierte in der Partei dann zum Bundesvorsitzenden, war zeitweise Landtagsabgeordneter und fand allmählich auch in Tuttlingen Zuspruch. Den Höhepunkt seiner Zustimmung erreichte er 1987 bei der Oberbürgermeisterwahl als er als Gegenkandidat zu Heinz-Jürgen Koloczek 15 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinen konnte. Gegen die hier abgehaltenen Parteitage der NPD regte sich breiter Missmut und es kam zu Demonstrationen mit über 5.000 Teilnehmern, die mit massiver Polizeigewalt gesichert wurden.

Neben aller politischen Debatte veränderte sich das Stadtbild. Nach heftigen Diskussionen und Abrissvorschlägen wurden die evangelische Stadtkirche und das Rathaus nicht abgebrochen sondern restauriert. Es folgte die Innenstadtsanierung, bei der der Verkehr aus dem Stadtzentrum verbannt wurde und eine neue Fußgängerzone angelegt wurde. Dass die Umgestaltungswut gelegentlich auch ein Haus traf, das Bürgerinnen und Bürger lieber erhalten gesehen hätten, war dabei ein Kollateralschaden.

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